Die Baunscheidtmethode

6.2 Das Stichphänomen

Schon Pischinger hat nachweisen können, daß ein geringfügiger Stich — z. B. mit einer Nadel — beträchtliche Reaktionen innerhalb der Grundsubstanz auslösen kann.

Bei der vorliegenden Baunscheidtmethode wird eine Stichtiefe durch die Epidermis bis in Höhe des Stratum germinativum oder des Coriums diskutiert. Das weiche Bindegewebe wird erreicht. Effekte, die durch Beteiligung des perivaskulären Gewebes ausgelöst werden, können hier nicht diskutiert werden. Durch Erreichen der oberen Hautschichten werden aber bereits genügend Strukturen angesprochen, die über einen vegetativen Stimulus Veränderungen innerhalb der Grundsubstanz induzieren können.

Nach Kellner und Feucht zeigen Nadelstiche eine dreifache Wirkungsweise:

  1. Kleinstverletzungen zeigen die längste Wirkung (Nadelstiche).
  2. Temperaturdifferenz zwischen Nadel und Gewebe (Nadel bei Zimmertemperatur 20-22 °C, Gewebe 36-37 °C) bewirken einen Stimulus.
  3. Potentialspannung zwischen Nadel und Gewebe.

Elektrische Reize haben eine besondere Affinität zu dieser Gewebestruktur.

Nach Popp wurde aus verletzten oder absterbenden Zellen eine Photoemissionsrate abgegeben, die 10-7/s erreicht und sich über den gesamten Organismus mit Schallgeschwindigkeit ausbreitet.

Zusammenfassend: Kleinste Irritationen haben große Auswirkung auf das Grundregulationssystem.

Ein anderer weiterführender Aspekt: Unter dem Begriff der Leukozytolyse wird das Ausmaß der Zerfall- und Abbauformen von Leukozyten beobachtet. Pischinger konnte nachweisen, daß nach einem Stichphänomen eine fünffache Steigerung der Leukozytolyse beobachtet wurde. Ganz entscheidend ist diese Tatsache unter Betrachtung lokaler immunologischer Vorgänge: Je nach Aktivitätsgrad der Leukozytolyse ist eine Zu- oder Abnahme der Immunoglobinrate zu verzeichnen. Ein korrelierendes Anstiegsverhalten konnte zwischen IgG und Plasmazellen gefunden werden.

Beim Zerfall von Granulozyten werden oxydative und proteolytische Enzyme freigesetzt. Daneben gelangen zusätzliche Entzündungsmediatoren wie Interleukine, Leukotriene und Prostaglandine in das baunscheidtierte Areal und greifen in die Regulation der Grundsubstanz ein.


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